Nieren sterben leise
Unsere Nieren verrichten täglich unbeachtet Schwerstarbeit. Sie reinigen jeden Tag ca. 1.500 Liter Blut, filtern fleißig daraus überflüssige und giftige Stoffe aus dem Blut und scheiden diese in über 1,5 Liter bis 2,5 Liter Urin zur Entgiftung aus. Die Nieren regulieren gleichzeitig den Blutdruck, den Flüssigkeitshaushalt sowie das Säure-Basen-Gleichgewicht und den Salzgehalt im Körper. Außerdem produzieren die Nieren wichtige Hormone, wie z.B. EPO (Erythropoetin), das für die Produktion der roten Blutkörperchen verantwortlich ist und produzieren „aktives“ Vitamin D zum Einbau von Kalzium in die Knochen.
Die Nieren verlieren aber mit zunehmendem Lebensalter unbemerkt und automatisch an Leistung.
Auch wenn es ihnen immer schlechter geht aufgrund erhöhtem Blutdruck, erhöhten Blutzuckerwerten, Übergewicht und Gefäßkiller Rauchen, so löst die daraus entstehende Nierenschwäche zu Beginn keine merklichen Symptome aus. Dies ist tückisch, denn sie wird dann oft zu spät entdeckt. Die Funktionseinschränkung der Nieren hat auch für andere Organe schwerwiegende Folgen, z.B. für das Herz. Mit abnehmender Filtrationsrate der Nieren steigt das Todesrisiko durch eine Herzerkrankung deutlich.
Kommt nun zusätzlich zum normalen Alterungsprozeß noch weitere Mehrarbeit auf die Nieren zu, verschlechtert sich die Nierenleistung noch schneller.
Deshalb wird eine "Neoblase" (die aus Darmanteilen besteht) nur bei Nierengesunden Patienten als künstliche Harnableitung operiert. Durch die Darmanteile werden nämlich Stoffe, die eigentlich mit dem Urin ausgeschieden werden sollten, über die Darmschleimhaut wieder in den Blutkreislauf überführt, was u.a. zu einer Übersäuerung (Azidose) des Blutes führen kann. Die Nieren werden damit in starkem Maße zusätzlich durch Mehrarbeit belastet.
Eine normale Nierenfunktion vorausgesetzt, sind Patienten mit kontinenten Harnableitungen in der Lage, die erhöhte Rückresorption von Protonen sowie eine entstehende metabolische Azidose zu kompensieren, nicht aber geschädigte Nieren. Das bedeutet für Menschen mit Neoblase, noch mehr auf ihre Nieren zu achten, wie es Gesunde schon tun sollten, denn Diabetes, Bluthochdruck und Nierenschädigung beeinflussen sich gegenseitig und sollten deshalb vom Nephrologen ganzheitlich behandelt werden. Eine Nierenfuktionsstörung läßt sich nicht aufhalten und kann zur Niereninsuffizienz (Nierenversagen) und damit zur Dialyse führen.
Die wichtigsten Gründe für das Nachlassen der Nierenfunktion im Verlauf sind außer des Alterns Harnstauungsnieren durch narbige Stenosen der Harnleiterimplantationsstellen und rezidivierende aufsteigende Harnwegsinfektionen, seltener auch die Restharnbildung mit Rückstau in die Nieren., sowie die vorher genannte Mehrarbeit.
Eine ausgewogene salzarme Ernährung, ausreichend Bewegung, Alkohol in Maßen und kein Nikotin, sind Maßnahmen um die Nieren zu schonen.
Bei der Erarbeitung des Wissens für Fragen aus der Blasenkrebs-Selbsthilfe standen u.A. folgende Unterlagen zur Verfügung, deren Genehmigung zur Nutzung für Schulungszwecke ich habe, und die auch auszugsweise diesem Text zugrunde liegen:
- Broschüre des Blasenkrebs-ShB "Blasenkrebs was nun?"
- Fortbildung zur Diagnostik und Therapie der Azidose, "Metabolische Nachsorge beim Urothelkarzinom", von Dr. med. Marius Cristian Butea-Bocu und Prof. Dr. med. Ullrich Otto in den URO-NEWS 2018; 22 (9) des Springer-Medizin-Verlags
- Von Dr. Vahlensieck erhielten wir die Freigabe, seinen Text auszugsweise zu nutzen, der In der Verbands-Zeitung unserer Kolleg*innen der ILCO in deren ILCO-Praxis 3/2016 erschienen ist, mit dem Thema: "Onkologische und Stoma-bezogene Nachsorge beim Urostoma"
- Vom BUNDESVERBAND NIERE E.V. erhielten wir deren Faltblatt "Laborwerte für Nierenpatienten" zur Verfügung
- In der S3-Leitlinie Früherkennung, Diagnose, Therapie und Nachsorge des Harnblasenkarzinoms sind medizinische Informationen zum Thema zu finden, auch in der Langversion für Ärzte.
Fazit für uns:
- Eine Neoblase erfordert lebenslange Aufmerksamkeit sowie persönliche Zuwendung, wie auch unsere Nieren!
- Das erfordert: viel Bewegung, gut eingestellten Blutdruck und Blutzucker, gesunde Ernährung, ausreichende Trinkmenge, Rauchstopp, Schmerzmittel reduzieren, Nierenfunktion regelmäßig überprüfen lassen
- Blutgasanalyse (BGA) zur Überwachung der Übersäuerung des Blutes (Azidose) regelmäßig lt. Nachsorgeplan durchführen
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Stauungsnieren vermeiden durch Einhalten der Blasen-Entleerungsintervalle
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Die Patienten müssten in den Aufklärungsbögen zur Blasenentfernung über die o.g. OP-Folgen informiert werden
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Es fehlen Studien mit exakten Aussagen zur Nierenschädigung durch kontinente Harnableitungen im Langzeitverhalten
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Nicht übersehen werden sollte die wichtige Info: Harnstau nach einer Harnleiterstein-Entfernung spürt man nicht und kann die Niere so schädigen, dass sie auch leise stirbt. Passierte dem Autor der jetzt nur noch eine Niere hat.. Deshalb nach jeder Stein-Entfernung per „Stone-Dusting“ mittels Holmium-Laser: per Ultraschall beim niedergelassenen Urologen den Harnleiter auf Durchfluss überprüfen und Kreatininwert kontrollieren lassen! Dies muss im Entlassungsbrief vermerkt sein.
Erst jetzt weiss ich, dass nicht der Harnstau die Nierenkolik erzeugt, sondern dass die Krampf-Schmerzen entstehen durch den Versuch des Harnleiters, den Stein hinaus zu pressen. Und das ist dann nicht der Fall wenn ein verletzter Harnleiter nach der Steinentfernung zuwächst. Die Nieren sterben leise.
Und erst jetzt bin ich auf der Suche nach Ernährungsempfehlungen um meine verbliebene Niere zu schonen. Ihr glaubt nicht wie schwer das ist.
Bild zur Meldung: Nieren © F.Hagenmaier